Unabhängige Fach- und Verbandszeitschrift von IBV 1. ÖBSC - GAMBRINUS 50.Jahrgang
Rezension von Dr. Harald Schloz, Hamburg
Gut erholt aus dem Urlaub zurückkommend fand ich zu meiner Oberraschung eine Buchsendung im Briefkasten. Erwartungsfroh packte ich das magazinartige Werk im DIN A4-Format aus und begann sogleich darin zu blättern; diese etwas andere Bier- bzw. Brauereichronik nahm mich sogleich gefangen.
Denn die Geschichte des Richelbräus - nein, nein, das ist kein Druckfehler und soll wirklich nicht Reichelbräu heißen!! -, also die Geschichte des Richelbräus und des CasaNova-Bieres ist wirklich etwas ganz Ausgefallenes.
Die Richelstraße in München-Neuhausen stand Pate für den Brauhausnamen, und Casanova heißt übersetzt soviel wie "neues Haus" - die Ähnlichkeit zum Stadtteilnamen Neuhausen ist sinnfällig. Und dass vom Namen her eine Verbindung zu dem bekannten ... na, sagen wir 'mal, "Genießer" Giacomo Casanova vorhanden ist, ist ebenso offensichtlich. Möglicherweise hat der Venezianer bei seinem Aufenthalt um 1756 in München ja nicht nur den Mädels nachgestellt, sondern sich auch 'mal ein Bier bestellt. Die Richelstraße wiederum ist benannt nach einem bayerischen Kanzler des 17. Jahrhunderts; dessen Ehefrau wurde der Hexerei bezichtigt und fand einen qualvollen Tod. Der lebenslustigen Frau wurde die späte Ehre zuteil, nun quasi als Schutzpatronin der Hausbrauerei zu fungieren.
Anrührend zu lesen ist auch die Lebensgeschichte des Initiators des Richelbräus, Günther Baumann, der als Braumeistersohn die Liebe zum Bier schon mit der Muttermilch eingesogen hat, wenn dieser etwas hinkende Vergleich gestattet sei.
Der Weg von der ersten Idee eines kleinen Bräus bis zu dessen Verwirklichung - also "Von der Waschküche zum Gärkeller" (S. 8ff) - war steinig. Doch nun steht in der Richelstraße 26 seit der Einweihung am 4. Juni 2008 nicht nur eine kleine schmucke Hausbrauerei, sondern es ist - in enger gemeinsamer Zusammenarbeit der Hausbewohner - ein kleines Kulturzentrum mit Biermuseum und Kunstgalerie entstanden, in dem sowohl Ausstellungen als auch Schafkopf-Turniere - um nur zwei willkürliche Beispiele zu nennen - veranstaltet werden.
Na ja, und Bier gibt es natürlich auch. Immerhin gleich 20 (!) Sorten. Diese werden ab S. 36 vorgestellt; so CasaNova-Light unter "Bier und Bauch" (S.38f), Dunkle Weiße ohne Schuss unter "Bier und Krieg" (S. 52f) oder CasaNova-Märzen unter "Bier und Oktoberfest" (S. 58f). Dazu wird der entsprechende Motiv-Bierdeckel gezeigt und mit hoch-interessanter (Lokal-)Geschichte und dazu passenden historischen Lichtbildern angereichert. Die jeweils rechte Seite ziert ein aussagekräftiges, ganzseitiges Fotomotiv.
Überhaupt - die durchgehend wirklich ansprechende Bebilderung -historische Lichtbilder, alte Werbeartikel, Faksimiles alter Münchener Zeitungen, aktuelle Fotos - zieht den Betrachter förmlich durch das farbenfrohe Druckwerk, das sowohl vom Layout her als auch von der inhaltlichen Gestaltung sehr einem hochwertigen Hochglanzmagazin ähnelt - und somit eher nicht dem klassischen Brauereichronik-Typus entspricht, was in diesem Falle wohltuend ist. Alle in diesem Band behandelten Themen und Aspekte anzuführen, würde hier zu weit führen.
Das großformatige Foto auf der hinteren inneren Einbandseite gewährt zum guten Abschluss einen Blick in den gemütlichen Ausschank. Die überaus liebreizende Bedienung hält dem Bildbetrachter mit charmantem Lächeln ein Tablett mit sechs Bügelverschlussflaschen CasaNova-Bier entgegen - da möchte man doch gleich zugreifen ...
Die Richelbräu-Chronik - oder sollte ich doch lieber sagen - das edle CasaNova-Magazin? - legt man nicht so ohne weiteres wieder aus der Hand, und man wird sich immer wieder festlesen oder sich an den Abbildungen erfreuen.
"Klasse gemacht!", möchte ich dem Herausgeber zurufen ... und ich warte schon sehnsüchtig auf eine Fortsetzung.
Günther Baumann (Hrsg.): Der Richelbräu und sein CasaNova-Bier
Die Entwicklungs-Geschichte der ersten Haus- und Hobbybrauerei im Münchner Stadtteil Neuhausen (Band 1).
Gärkeller Verlag, München 2009. 92 Seiten. |